Whistleblowing in der Pflege – Von Missständen zum Schutz der Hinweisgeber
2011 begann alles mit Pflegefachkraft Schmitt, die Missstände wie Wundliegen und Dehydration in einem Altenheim meldete. Ihr Arbeitgeber kündigte sie und es folgten rechtliche Auseinandersetzungen bis zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte, der ihr Schadenersatz zusprach. Die Reaktion darauf war, dass es gesellschaftlich unakzeptabel wurde, wegen Meldungen von Missständen Mitarbeiter zu entlassen, was zu einer Änderung der Rechtslage führte.
Heute sind Whistleblower oft positiv besetzt, aber auch als Denunzianten betrachtet.
Die Formalisierung des EU-Rechts durch die neue Richtlinie und deren Umsetzung in nationalem Recht bringt einen hohen Aufwand, aber auch Kritik, da es eine Hilfspolizisten-Mentalität fördern kann. Bisher sind keine relevanten Missstände aufgedeckt worden, obwohl es Ausnahmen wie Edward Snowden gibt. Die Regelung bleibt umstritten.
Investitionen in die neuen Vorgaben sind zudem unumgänglich, da sie Kosten verursachen werden. Organisationen müssen digitale Plattformen für Meldungen einrichten, diese bearbeiten und juristische Unterstützung bei der Compliance erhalten. In den Folgejahren muss die Software und die Abläufe optimiert werden. Es muss noch entschieden werden, wer die rechtliche Würdigung solcher Meldungen treffen wird. Die juristische Einordnung ist ebenfalls noch offen. Das Hinweisgeberschutzgesetz kann aber auch positive Auswirkungen auf die Unternehmenskultur haben, indem es das Miteinander und den Umgang mit Fehlern verbessert.
Die EU-Richtlinie zum Schutz von Hinweisgebern wurde im Jahr 2019 verabschiedet, um Korruption auf EU-Ebene aufzudecken sowie Finanzdienstleistungen, Produktsicherheit und Terrorbekämpfung einzubeziehen. Nationale Gesetze müssen diese Richtlinie umsetzen. In Deutschland soll das Hinweisgeberschutzgesetz im Mai 2023 in Kraft treten und für alle Unternehmen mit mindestens 50 Mitarbeitenden vorschreiben, wie Meldungen von Missständen zu handhaben sind. Obwohl es Kritik gibt, herrscht in mehreren Parteien Konsens, dass ein solches Gesetz notwendig ist.
Quelle: HCM-Magazin.de