Der Einfluss von Krankenhausinformationssystemen (KIS/EHR) auf das Burnout von Pflegefachleuten
Die digitale Herausforderung in der Pflege
Krankenhausinformationssysteme (KIS) haben einen erheblichen Einfluss auf den Arbeitsalltag von Pflegefachleuten. Dr. Fatimah Alobayli, eine erfahrene Pflegespezialistin und Doktorin der Pflegeinformatik am King Saud Medical City, hat eine aufschlussreiche Studie durchgeführt, die den Zusammenhang zwischen der Nutzung von KIS und dem Burnout von Pflegefachleuten in saudi-arabischen Krankenhäusern untersucht. Diese stellte sie auf der Nursing Informatics 20024 in Manchester vor.
Ziel der Studie war es, herauszufinden, welche Faktoren das Burnout von Pflegefachleuten beeinflussen und wie die KIS in diesem Zusammenhang eine Rolle spielen.
Zwei Phasen, ein Ziel: Das Forschungsdesign
Die Studie wurde in zwei Phasen durchgeführt. In der ersten, quantitativen Phase wurde eine Online-Umfrage mit validierten Instrumenten durchgeführt, um umfassende Daten über die Prävalenz und das Ausmaß des Burnouts bei Pflegefachleuten zu sammeln, die KIS nutzen. In der zweiten, qualitativen Phase wurden halbstrukturierte Interviews mit registrierten Pflegefachleuten durchgeführt, um tiefere Einblicke in ihre subjektiven Erfahrungen und Herausforderungen mit KIS zu gewinnen. Insgesamt nahmen 282 Pflegefachleute an der Umfrage teil, und 21 von ihnen wurden für die Interviews ausgewählt. Die Teilnehmer waren überwiegend weiblich und arbeiteten in akuten und Intensivpflegeeinheiten. Die Mehrheit stammte von den Philippinen, gefolgt von Malaysia und Saudi-Arabien, mit kleineren Gruppen aus Europa, Südafrika und dem Nahen Osten.
Ergebnisse, die zum Nachdenken anregen
Die Ergebnisse der Studie zeigten, dass die Akzeptanz von KIS generell hoch war. Es gab jedoch eine leichte Diskrepanz zwischen den quantitativen und qualitativen Ergebnissen in Bezug auf Burnout. Während die Umfrage auf ein hohes Risiko für Burnout hinwies, zeigten die Interviews, dass KIS nicht direkt als Ursache für Burnout angesehen wurde. Dr. Alobayli identifizierte mehrere Faktoren, die das Burnout beeinflussen, darunter die aufgewendete Zeit für KIS, Benutzerfreundlichkeitsprobleme, Fachrichtung, Alter, Geschlecht, Intensität des Arbeitsumfelds und die Dauer der Nutzung von KIS.
Stressoren und Resilienzfaktoren: Was uns stark macht
Ein wichtiger Aspekt der Studie war die Identifizierung spezifischer Stressoren und Resilienzfaktoren. Zu den Stressoren zählten der hohe Dokumentationsaufwand, Probleme mit der Benutzerfreundlichkeit und Datenschutzbedenken. Auf der anderen Seite gab es mehrere Resilienzfaktoren, die Pflegefachleuten halfen, mit diesen Stressoren umzugehen. Individuelle Faktoren wie gute Computerkenntnisse, der wahrgenommene Nutzen von KIS und Anpassungsfähigkeit spielten eine wichtige Rolle. Auch organisatorische Faktoren wie eine gute technische Infrastruktur und eine unterstützende Arbeitskultur waren entscheidend.
Ein Modell, das Zusammenhänge erklärt
Auf Basis dieser Erkenntnisse entwickelte Dr. Alobayli ein konzeptuelles Modell, das die Mediatoren und Moderatoren von Stress und Burnout im Zusammenhang mit der Nutzung von KIS darstellt. Organisatorische und technologische Stressoren wurden als wichtige Mediatoren identifiziert, während individuelle und organisatorische Resilienz als Moderatoren fungierten.
Technologische Integration: Mehr als nur Software
Ein weiterer Schwerpunkt der Studie war die technologische Integration und Nutzung von KIS im Krankenhausumfeld. Dr. Alobayli beschrieb detailliert, wie verschiedene KIS-Komponenten, wie die BestCare-Software, die 2015 eingeführt und 2016 implementiert wurde, in den Krankenhäusern genutzt werden. Zu den technologischen Komponenten gehören CLMA (Medikamentenbestellungen, Operationen, Bluttransfusionen), elektronische Einwilligungen, Vitalzeichenüberwachung, Herzmonitore und IV-Pumpen sowie mobile Apps für Ärzte und Desktop-Hardware.
Stimmen aus der Praxis: Pflegefachleute berichten
Die Rückmeldungen der Teilnehmer lieferten wertvolle Einblicke in ihre Wahrnehmungen von KIS und deren Einfluss auf Burnout. Viele Pflegefachleute sahen KIS nicht als Hauptfaktor für Burnout und fanden, dass die Systeme gut handhabbar waren. Einige Teilnehmer erwähnten jedoch geringfügigen Stress im Zusammenhang mit der Nutzung von KIS, betrachteten diesen jedoch nicht als direkte Ursache für Burnout.
Empfehlungen für eine bessere Zukunft
Abschließend formulierte Dr. Alobayli mehrere Empfehlungen auf Basis ihrer Forschungsergebnisse. Sie betonte, dass das konzeptuelle Modell lokal und global angepasst und genutzt werden kann. Gesundheitseinrichtungen sollten Strategien zur Resilienzentwicklung bei der KIS-Implementierung entwickeln, die auf die spezifischen Bedürfnisse der jeweiligen Organisation zugeschnitten sind. Weitere Forschung sei notwendig, um die unterschiedlichen Bedürfnisse von Pflegefachleuten und verschiedenen Krankenhaussituationen in Saudi-Arabien zu verstehen.
Fazit: Ein ganzheitlicher Ansatz zur Reduzierung von Burnout
Dr. Alobaylis Studie bietet wertvolle Erkenntnisse darüber, wie KIS das Burnout von Pflegefachleuten beeinflussen können. Sie zeigt, dass obwohl die Akzeptanz von KIS im Allgemeinen hoch ist, es erhebliche Faktoren gibt, die zum Burnout beitragen können. Diese Erkenntnisse sind entscheidend für die Entwicklung gezielter Maßnahmen zur Verringerung von Burnout und zur Verbesserung des allgemeinen Wohlbefindens der Pflegefachleute im Gesundheitssystem. Um die Benutzerfreundlichkeit von KIS zu verbessern, sollten Lösungen entwickelt werden, die die für KIS-Aufgaben aufgewendete Zeit und den damit verbundenen Stress reduzieren. Spezifische Unterstützungssysteme, die auf verschiedene Fachrichtungen und demografische Gruppen zugeschnitten sind, können ebenfalls helfen, Burnout zu lindern. Zudem sollten Richtlinien entwickelt werden, die die Interaktionen zwischen Pflegefachleuten und KIS berücksichtigen, um die Effizienz zu erhöhen und die Zufriedenheit zu fördern.
Diese Studie unterstreicht die Bedeutung eines ganzheitlichen Ansatzes zur Bewältigung des Burnouts von Pflegefachleuten, bei dem sowohl technologische als auch menschliche Faktoren berücksichtigt werden. Die von Dr. Alobayli gewonnenen Erkenntnisse sind ein wertvoller Beitrag für zukünftige Forschungen und politische Entscheidungen im Bereich der Pflegeinformatik.