Klartext: Wie soll eine Vergütung der Pflege außerhalb der DRG ohne Digitalisierung funktionieren?

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Mit der geplanten Umstellung der Finanzierung der Pflegepersonalkosten der Krankenhäuser auf eine neue, von den Fallpauschalen unabhängige, krankenhausindividuelle Vergütung ab dem Jahr 2020, wird es auch neue Anforderungen an die Inhalte und Qualität der Pflegedokumentation geben. Diese werden sicher ohne eine Pflege-Expertensoftware kaum noch mit vertretbarem Aufwand zu erfüllen sein. Doch über 70% der klinischen Einrichtungen dokumentieren heute noch mit Stift und Papier.

Nun ist er veröffentlich – der Referentenentwurf zum Pflegepersonal Stärkungs-Gesetz (PpSG). Und der Gesundheitsminister zeigt, dass er nun auch handeln möchte. Viele kleine und große Veränderungen sind für das Pflegefachpersonal und die entsprechenden Gesetzbücher vorgesehen.
Spannend oder gar mutig ist der aufgezeigte Wille zur Abkoppelung der pflegerischen Erlöse aus dem gegenwärtigen DRG-System. Nicht nur, dass dieser Schritt noch viele Diskussionen bei den unterschiedlichen, klinischen Berufsgruppen auslösen wird. Auch der Zeitpunkt 2020 ist sportlich.
Eigenständige, DRG-unabhängige Pflegerlöse bedeuten auch eine detaillierte, pflegerische Leistungsdokumentation als grundlegende Abrechnungsbasis. Doch wie sieht denn die Realität und vor allem Qualität der Pflegedokumentation in vielen deutschen Kliniken aus? Sie ist in der Regel retrospektiv, fragmentiert und schon heute oft abrechnungsorientiert (z.B. PKMS). Dennoch macht allein die Dokumentation bis zu 60% der täglichen Arbeitszeit der Pflegefachkräfte aus. Dazu muss eine Pflegfachkraft heute durchschnittlich mehr als 10 Patienten pro Schicht versorgen. Einen geplanten, individuellen Pflegeprozess, vom Assessment bis zur Evaluation, findet man heute meist nur in der Examenszeit der Auszubildenden. Woher soll auch die Zeit (sie kann bei über eine Stunde pro Patient liegen) für einen ausführlichen Pflegeplanungsprozess kommen? Und da die Pflege und deren Dokumentation ja in der Vergangenheit ja kaum relevante Erlöse gesichert haben, dokumentieren diese in über 70% der deutschen Gesundheitseinrichtungen noch mit Stift und Papier. Investitionen in die Digitalisierung der Pflege wurden häufig in die Zukunft verschoben.
Wenn jedoch 2020 die pflegerischen Leistungen in einer eigenen Erlössystematik vergütet werden sollen, dann müssen diese auch strukturiert und vollständig dokumentiert sein. Dies bedeutet eine riesige Umstellung und Aufwände gegenüber der heutigen Dokumentationsqualität. Die Anzahl der Pflegefachkräfte wird sich in den nächsten 1,5 Jahre sicher auch nicht dramatisch erhöhen – das Gegenteil ist eher zu befürchten. Bleibt eigentlich nur, die Pflegedokumentation zu vereinfachen, zu digitalisieren oder gar zu automatisieren. Und damit müssten die Kliniken eigentlich gestern schon begonnen haben. Die Entscheidungs- und Umsetzungszeiträume für IT-Projekte sind im Gesundheitsbereich oft lang und können nicht selten von der Idee bis zur Umsetzung mehrere Jahre dauern. Diese Zeit haben die Kliniken aber nach der aktuellen Planung nicht. Spätestens wenn im nächsten Jahr ein neues Pflegeerlös-Modell vorgestellt wird, bleibt den Einrichtungen nur noch wenig Zeit für Konzeption, Schulung und Umsetzung.
Daher wäre es doch viel sinnvoller das aktuelle Jahr 2018 zu nutzen, um sich zunächst einmal einer Digitalisierungsstrategie in der Pflege klar zu werden und die damit zusammenhängenden Pflegeprozesse zu strukturieren. Um dann schnell eine moderne Pflege-Expertensoftware einzuführen, die die Dokumentationsaufwändige deutlich reduziert, aber gleichzeitig die pflegerischen Leistungen vollständig erfasst. Wenn dann im nächsten Jahr ein neues Pflege-Erlösmodell kommt, wie immer dies aussehen wird, ist es dann eine Aufgabe des Softwareanbieters, dieses so in die Pflege-Expertensoftware einzubinden, dass sich für die Anwender keine gravierenden Dokumentationsveränderungen mehr ergeben. Damit wären die Kliniken und deren Pflegefachkräfte optimal auf pflegerische Erlöse jenseits der DRG und die damit verbundenen Dokumentationsnotwendigkeiten vorbereitet.
Sie wissen ja. Wer nicht mit der Zeit geht, der geht mit der Zeit.

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